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Zur urkundlichen Ersterwähnung Wimmelburgs

am 25. April 1038

 

Karl-Heinz Ludscheidt

 

In einem „Beitrag zur Ur- und Frühgeschichte von Wimmelburg“ hat der Wimmelburger Lehrer und Heimatforscher Paul Ulrich († 1. Jan. 1957) ein 1922 in der Hauptstraße (Alte Siedlung Wimmelburg) freigelegtes Gräberfeld der Karolingerzeit (751–918) dokumentiert und beschrieben. Nach seinen Worten ist der frühmittelalterliche Reihengräberfriedhof ein Hinweis auf eine sehr frühe Existenz von Wimmelburg. Der Ort ist wesentlich älter, als durch eine Urkunde belegt werden kann.

 

Die erste urkundliche Erwähnung verdankt Wimmelburg den Hildesheimer Annalen. Sie halten fest, daß der Bruder des Mindener Bischofs Bruno, Pfalzgraf Siegfried, am 25. April 1038 gestorben und auf der „Wimilaburhc“ (Wimidiburg) beigesetzt worden ist (Sigifrithus praetor palatinus ... moritur et in Wimilaburhc tumulatur). Die frühe mittelalterliche Wimilaburg hat Wimmelburg den Namen gegeben.

 

Sie gehörte seit Generationen zu den Eigengütern jener Merseburger Grafen, denen das Amt eines sächsischen Pfalzgrafen übertragen wurde und die schon im 10. Jahrhundert als Grafen im Hosgau (Hassegau) genannt werden. Pfalzgraf Siegfried hatte sehr jung im Jahre 1017 die Ämter von seinem verstorbenen Vater Graf Burchard (1003-1017) geerbt und bekleidete sie bis zu seinem Tode im Jahre 1038. Einen männlichen Nachfolger und Erben hatte er nicht.

 

So erlosch mit Siegfried die Merseburger Linie der Pfalzgrafen von Sachsen. Angehörige der pfalzgräflichen Familie lassen sich aber auch noch nach dem Tod Siegfrieds in Sangerhausen, Eisleben und Wimmelburg nachweisen. Cäcilie von Sangerhausen, eine Schwester des Pfalzgrafen Siegfried, besaß ausgedehnten Grundbesitz aus dem reichen Erbgut ihres Vaters Burchard in der Gegend von Sangerhausen.

 

Sie heiratete Anfang der 40er Jahre des 11. Jahrhunderts Ludwig den Bärtigen von Thüringen, wodurch die Thüringer Landgrafen in den Besitz von rund 50.000 ha Sangerhäuser Land kamen. Nach dem Tod ihres Bruders gehörte Cäcilie von Sangerhausen auch der Ort Helfta.

 

Als ihre Tochter Adelheid den Grafen Ludwig von Wippra heiratete, fiel Helfta als Heiratsgut an die Herren von Wippra. Pfalzgraf Siegfrieds Mutter Outa (Oda) besaß nach dem Tod ihres Gemahls Burchard († 1017) den Flecken Eisleben. Sie und ihr zweiter Sohn, Bischof Bruno von Minden († 1055), befürchteten scheinbar, mit dem Tod Siegfrieds im April 1038 ihre Privilegien sowie das Markt-, Münz- und Zollrecht der Familie für den Marktflecken Eisleben verlieren zu können. Sie baten deshalb Kaiser Heinrich III. (1039 - 1056), die in Besitz befindlichen Privilegien und Rechte noch einmal zu bestätigen.

 

Am 26. September 1045 erteilte Heinrich III. Bischof Bruno von Minden und seiner Mutter Outa, „als den Nachkommen jenes erlauchten Geschlechts, welches bis zum Jahre 1038 als Gaugrafen im Hosgau geboten hatte“, das auf ihrem Eigengute in dem Flecken Eisleben (locus Gisleva) ruhende Markt-, Münz- und Zollrecht erneut. Und zwar mit den selben Befugnissen, wie diese schon ihre Vorfahren durch die Gnade seiner Vorgänger im Reiche besessen und ausgeübt hätten.

 

Auch wenn der Marktflecken „Islevo“ erst im Jahre 994 in einer Urkunde Ottos III. erstmals erwähnt wird, ist seine Existenz demnach schon vor 994 anzunehmen und, die Edlen, die auf der Wimilaburg saßen, haben offenbar entscheidend zur Entwicklung Eislebens bis hin zur königlichen „Pfalz Gisleva“ (Nennung 1065) beigetragen.

 

Nach dem Tod des Pfalzgrafen Siegfried beherbergte die auf dem Friedrichsberg in Wimmelburg gelegene Wimilaburg zunächst eine laikale geistliche Stiftung. Sie profitierte vom Erbgut des Pfalzgrafen, die Eigenrechte dieser nicht näher definierten Stiftung besaß Siegfrieds Tochter Christina.

 

Christina heiratete später den Grafen Hoyer I. von Mansfeld (Ahnherr des alten Hoyerschen Stammes), wodurch Eisleben an Mansfeld gekommen ist. Ihr Sohn, Hoyer II. von Mansfeld, fiel am 11. Februar 1115 als kaiserlicher Heerführer im Kampf gegen die sächsische Adelsoposition in der berühmten Schlacht am Welfesholz zwischen Gerbstedt und Hettstedt.

 

Im Mittelalter hatte die römisch-katholische Kirche außerordentlich große Bedeutung und verfügte über riesigen Grundbesitz. Diesen suchte sie ständig zu vergrößern. Gläubige wurden auf verschiedenste Art und Weise zu Schenkungen gedrängt und man war auch bestrebt, durch die Umwandlung der von Laien geführten geistlichen Stiftungen in Klöster direkten Zugriff auf weiteren umfangreichen Grundbesitz zu erhalten.

 

So auch in Wimmelburg, wo im Einvernehmen zwischen der Gräfin Christina und dem Halberstädter Bischof Burchard II. die existierende geistliche Stiftung und damit die Wimilaburg in ein Mönchskloster des Benediktinerordens umgewandelt wurde. Diese Umwandlung fiel in die Amtszeit Burchards II. (1059–1088). Indizien legen nahe, daß das Wimmelburger Benediktinerkloster schon 1062/63 gegründet wurde und so als das älteste Mönchskloster des Mansfelder Landes gilt.

 

Urkunden oder andere schriftliche Dokumente zur Entwicklung des Klosters in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts sind nicht erhalten geblieben. Die erste überlieferte Urkunde stammt aus dem Jahre 1107. Der Wimmelburger Klosterabt Milo berät da neben dem Ilsenburger Abt Martin und dem Huysburger Abt Alferus den Halberstädter Bischof Reinhard, als dieser das Kloster Stötterlingenburg neu einrichtet und ihm Grundstücke und Zehnten schenkt.

 

Am 7. August 1108 versammelte Bischof Reinhard die Geistlichkeit seines Bistums in Wimmelburg. Abt Milo war nicht nur die Organisation dieser Synode auf der ehemaligen Wimilaburg übertragen worden, er war auch erneut einer der engsten Berater des Bischofs in Fragen der weiteren Entwicklung der Halberstädter Diözese. In der in Wimmelburg ausgefertigten Urkunde (actum in civitate Wimmodeburhc) wurde das Augustiner-Mönchs-kloster Osterwieck bestätigt und durch weitere Schenkungen gestärkt.

 

Als Bischof Reinhard von Halberstadt am 10. August 1121 in Wimmelburg die Verlegung des von der Gräfin Christina gestifteten Klosters vom Berg ins Tal zwischen Friedrichsberg und Hüneburg bekundete und die Besitzungen und Privilegien des Klosters erneut bestätigte, begann ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Klosters und auch des Ortes Wimmelburg. 180 Hektar der Wimmelburger Flur waren Eigentum des Klosters, alle Zehnten über das gesamte Dorf (decimatio super omnem villam) flossen dem Kloster zu und die Wimmelburger Volkskirche (popularis ecclesia), deren wirtschaftliche Existenz durch 90 Morgen Land gesichert war, stand unter dem Patronat des Klosterabts und seines Konvents.

 

Umfangreicher Grundbesitz und Einkünfte u.a. in den Orten Roßdorf (wüst), Benndorf, Zerkendorf [wüst], Eisleben, Kleineisleben [wüst], Rißdorf, Eisdorf, Helfta, Erdeborn, Döcklitz (wüst bei Querfurt), Klobikau (350! ha) und Schotterey bei Lauchstädt versetzten das reiche Kloster Wimmelburg in die Lage, nach 1121 eine dem Benediktinerorden angemessene geschlossene Klosteranlage im Tal zu errichten und eine repräsentative kreuzförmige, 3-schiffige Klosterkirche im Hirsauer Stil zu bauen. Als das Wimmelburger Kloster nach dem Bauernkrieg 1526 säkularisiert (verweltlicht, verstaatlicht) wurde, konnte es auf eine mehr als 450jährige Geschichte zurückblicken.

 

Der größte Teil der romanischen Klosterkirche wurde bei einem verheerenden Brand am 10. Januar 1680 vernichtet. Mit dem verbliebenen Rest der einstigen kreuzförmigen Basilika, der zwischen 1680 und 1686 zur Pfarrkirche ausgebaut wurde, besitzt Wimmelburg heute ein Kleinod mittelalterlicher Ordensbaukunst von hohem Rang.

 

Der über die Grenzen des Mansfelder Landes hinaus bekannte Heimatforscher Hermann Größler hat die Wimmelburger Klosterkirche kunsthistorisch in die Reihe der so bedeutenden, einmaligen Kirchen von Breitenau in Hessen, Ellwangen, Königslutter, Paulinzelle, Posa bei Zeitz und Sangerhausen gestellt.

 

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Siegel
Convent zu Wimmelburg
1487 bis 1509 (Urkunden 92; 103 UBKGM)

 

Verwendete Quellen und Literatur:

 

Paul Ulrich: Ein Beitrag zur Ur- und Frühgeschichte von Wimmelburg, In: Unser Mansfelder Land, Heimatblatt der Kreise Eisleben und Hettstedt, Juni 1956

 

UBKGM (Urkundenbuch der Klöster der Grafschaft Mansfeld, bearb. von MAX KRÜHNE, Halle 1888 [Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzenden Gebiete 20])

 

Karl Meyer: Die Abstammung der Cäcilie von Sangerhausen, In : Zeitschrift des Harzvereins 15, 1882

 

Diplom Heinrich III. Nr. 147, Bodfeld - 26. 09. 1045

Diplom Otto III. Nr. 155, Bruchsal – 23. 11. 994

 

Hermann Größler und Adolf Brinkmann: Beschreibende Darstellung der älteren Bau-und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen Band 19: Mansfelder Seekreis, Halle 1895